Direct Mailers Roundtable

Die Profi-Seite für Texter und Direktwerbe-Unternehmer

Wie Sie auch langweilige Angebote verkaufen

3. November 2005

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Direct Mailer’s Roundtable
peterjuergenbeck@coin-sl.com


DER US-TRICK, MIT DEM SIE AUCH LANGWEILIGE
ANGEBOTE GUT VERKAUFEN

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Liebe Leserin, lieber Leser,

gerade bekam ich wieder eines dieser E-Mails, über die ich mich immer besonders freue…

»Hallo Herr Beck, erstmal vielen Dank für Ihren Direct-Mailer-Newsletter. Einer von den wenigen, die ich immer wirklich erwarte…

Aus jeder Zeile lese ich echte Leidenschaft für Ihren Beruf, danke dass Sie Ihre Gedanken mitteilen!

Heute frage ich mal was, vielleicht können Sie irgendwann mal was dazu etwas schreiben…

Es geht um Produkte:

Kann ein guter Direct-Mail-Texter für *jedes* Produkt erfolgreich schreiben, oder gibt’s da Sachen, die man besser gleich ablehnt? Haben Sie selber persönliche Kriterien, wonach Sie urteilen, ob das Produkt funktioniert?

Hatten Sie mal Situationen, in denen Sie das Produkt schlecht fanden und trotzdem dafür geschrieben haben? Oder leben Sie schon immer in dem Luxus, nur für Top-Verlage und deren Produkte schreiben zu dürfen?

Könnte ein Direktmailing der Beck’schen Art zum Beispiel für einen Versandhändler funktionieren, also einen, der so und so viele tausend Produkte hat?

Kurz gesagt, mich interessiert, was Sie zu Produkten zu sagen haben. Ich weiß, Sie sind ja sehr spezialisiert, aber vielleicht haben Sie trotzdem Erfahrungen damit oder kennen Kollegen… würde mich freuen, darüber in einer der nächsten Ausgaben zu lesen…«

Da kann ich sofort ausführlich darauf antworten. Mit einem Brief, den ich kürzlich einer jungen Nachwuchs-Kollegin schrieb…

Es geht dabei um eine völlig andere Herangehensweise an Textaufträge, die ich in den USA lernte: Im Vordergrund steht da bei der Konzeption nicht das Angebot (Produkt oder Dienstleistung), sondern die Zielgruppe.

Ich fragte auch einige sehr erfolgreiche US-Kollegen (erfolgreiche Amerikaner sind meist nicht arrogant, sondern geben ihr Wissen gerne weiter), was sie tun, wenn ihnen das beworbene Produkt nicht so erfolgversprechend erscheint.

ALLE gaben mir die gleiche Antwort: Dann im Werbebrief erst recht stark auf die Pauke hauen. Besonders starke Versprechen. Besonders mitreißende Schilderung von Anwendung und Nutzen. (Sollten Sie dabei beim nächsten Beichtgespräch Schwierigkeiten mit Ihrem Beichtvater haben, sagen Sie ihm, dass die Kirche z.B. das Fegefeuer — nebst anderen Übertreibungen — auch nur erfand, damit mehr Geld in die Kasse kommt.)

Aber Achtung: Schreiben Sie deshalb keinesfalls die Unwahrheit!!! Arbeiten Sie die Produktvorteile nur besonders stark heraus. Ich finde das legitim.

Wie das beim angesprochenen Versandhandel genial gut geht, zeigt uns unser großes US-Vorbild Joe Sugarman in seinem mega-empfehlenswertes Superbuch »Adverstising Secrets of the Written Word« (ISBN 1-891686-00-3).

Joe Sugarman machte Verträge für Produkte (zum Beispiel eine Sonnenbrille) und verkaufte diese dann über genial geschriebene 1-Seite-Inserate in Zeitschriften und Zeitungen.

Kritisch ist heute allerdings das hier: Die Response-Quoten sind heute längst nicht mehr so hoch wie in den goldenen 50er-, 60er- und 70er-Jahren. Außerdem sind Post- und Inseratspreise heute wesentlich höher.

Sie müssen heute bei den meisten Angeboten (egal ob Verlagsprodukt, Versicherung, Gelddienstleistung, Handyvertrag, etc) mit Cost-per-Order-Werten von mindestens 100 Euro rechnen. Möglichen Neukunden mit wenig DM-Erfahrung rechne ich das gegebenenfalls vor, bevor ich einen Auftrag annehme.

Versandhändler gewinnen übrigens auch mit preiswerteren Produkten Geld.

Das geht so…

Diese Versandhändler machen eine Mischkalkulation.

Sie rechnen damit, dass zum Beispiel von 10 Käufern durchschnittlich 9 Verlust bringen. Statistisch gesehen ist aber mindestens ein Käufer dabei, der im Laufe der nächsten Jahre dermaßen viel kauft, dass er damit die Verluste der anderen Käufer mehr als ausgleicht.

Aber…

Was Joe Sugarman damals in Zeitschriften und Zeitungen machte, funktioniert heute im traumhaft preiswerten Internet!!!

So, und nun der Brief an meine Nachwuchskollegin…

Hallo Frau U…,

hier habe ich einen Tipp, wie Sie Ihr Arbeitsgebiet fast grenzenlos erweitern. Einfach indem Sie einen kleinen Schalter in Ihrem Kopf umlegen…

Sie schreiben dann über fast jedes Thema gern. Sogar zuerst scheinbar extrem komplizierte Themen — zum Beispiel ein Mailing über ein superkompliziertes Gerät oder eine beängstigend umfangreiche Software — gelingen Ihnen plötzlich super leicht.

Mehr noch…

Sie schreiben spielend leicht Gewinner-Mailings zu Themen, bei denen Kollegen fürchterliche Flopps gelandet haben. Wo sie sich fürchterlich in technische Details verheddert haben.

Also…

Vielleicht fiel es Ihnen schon einmal auf (und kam Ihnen wahrscheinlich komisch vor):

Einige unserer US-Vorbilder bezeichnen sich als spezialisiert auf zwei scheinbar so konträre Themen wie Geldanlage u-n-d Gesundheit.

Die zwei Spezialisierungen passen doch überhaupt nicht zusammen???

Diese Spezialisierung nennen diese Texter aber nur nach außen. Zum Beispiel dem Kunden gegenüber.

Weil die das leichter verstehen.

Für sich selber sehen sie sich aber nur als Spezialisten für nur einen einzigen Bereich:

Die ZIELGRUPPE.

Sie, Frau U., können sich ab jetzt auch als Zielgruppen-Texterin bezeichnen. Und tun sich dann bei vielen Aufträgen viel leichter.

Denken Sie zum Beispiel an die Zielgruppe »Buchhalterin«. Gehen Sie an die so ran, wie ich Ihnen das beschreibe, dann können Sie Ihrer Ziel-Buchhalterin doch Briefe über vieles schreiben: Über Buchhaltung. Über Steuern.

Aber doch auch ganz leicht über Gesundheit!

Stellen Sie sich vor, Sie haben einen neuen Kunden. Einen Gesundheitsverlag. Stolz überreicht Ihnen der Verleger das Produkt: Ein erschreckend dickes, fettes Buch (700 Seiten) über Gesundheit. Geschrieben von Kapazitäten und Professoren mit zweifachen Doktortiteln.

Lächelnd verweist der Verleger auf den Chefredakteur Dr. med. XY, der im hellgrauen Anzug neben Ihnen sitzt und dem Sie jetzt 10 Minuten lang Ihre Fragen stellen dürfen. (Die der dann auch jovial lächelnd und äußerst ausführlich beantwortet — und sich innerlich über diese dummen Fragen dieser Werbeleute amüsiert.)

Bei der Heimfahrt dröhnt Ihnen der Kopf. Wie da anfangen? Was da schreiben?

Mein Tipp…

Schalten Sie jetzt in Ihrem Kopf den Hebel um. Denken Sie zuerst an die Zielgruppe. Erinnern Sie sich an Ihre Gespräche mit den Buchhalterinnen. Rufen Sie die nochmals an und vertiefen Sie die Gespräche in Richtung Gesundheit: Ängste, Probleme, Vorurteile, Wünsche, Träume…

Dann prüfen Sie, ob hier der Kapazitäten-Wälzer was Neues bietet. Sie arbeiten also zuerst für Ihre Zielgruppe, checken dann ab, was denen Ihr Angebot bringt.

Also…

Bei der Herangehensweise, die ich Ihnen hier schildere, stellen Sie nicht das Angebot in den Mittelpunkt, sondern die Zielgruppe (weshalb es schön wäre, wenn die Auftraggeber endlich mal genau sagen würden, an welche Listen sie ein Mailing schicken).

Auch so kann ich Ihnen das erklären…

Stellen Sie sich vor, jemand stellt Ihnen ein Handbuch für MS-Word auf den Schreibtisch. Es würde Sie total einschüchtern: Wo da anfangen?

Das dicke Buch schüchtert Sie aber überhaupt nicht ein, wenn Sie sich erst über Ihre Ansprüche als Texterin an die Textverarbeitung klarmachen. Sie picken sich dann genau das aus dem Buch, was Sie wirklich brauchen. Der Rest interessiert Sie vorerst nicht.

Das dicke Buch verliert dadurch seinen Schrecken und wird dünner.

Spezialisieren Sie sich also nicht auf Themen, sondern auf Zielgruppen. Dann gelingen Ihnen die meisten Aufträge viel leichter.

Der Effekt dieses Andersdenken ist so stark, dass Sie damit gegen die Mailings der meisten Kollegen gewinnen. Denn viel zu viele Mailings verheddern sich im Gestrüpp der komplizierten Themen.

Dabei wollen die Verbraucher es doch leicht. Gehen Sie also von den Verbrauchern aus.

Ich wette, Sie gewinnen gegen jeden Konkurrenten, der erst mit dem Produkt anfängt und sich darauf konzentriert. Sie gewinnen, wenn Sie dagegen von der Zielgruppe ausgehen.

Denn Sie schreiben dann nicht über das Produkt, sondern für die Zielgruppe.

Als »Zielgruppen-Texterin« sind Sie also Ihren Konkurrenten immer einen Schritt voraus.

Und jetzt verstehen Sie auch, warum sich diese US-Texter auf scheinbar so unterschiedliche Themen spezialisieren wie Geldanlage und Gesundheit.

Übrigens tun das auch die Verlage. Denken Sie nur an vnr. Die haben Angebote für die Wirtschaft und für die Gesundheit.

Bestellt zum Beispiel ein Mann bei einem großen US-Verlag wie Bottomline ein Wirtschaftsbuch wird er die nächsten Monate auch mit Informationen über Viagra und Palmetto-Extrakt eingedeckt…

Sind nicht die gleichen Themen, aber dieselbe Zielgruppe!

Mit freundlichen Grüssen

Peter J. Beck
Mailing-Texter
Coin S.L.
peterjuergenbeck@coin-sl.com

PS: Aber Vorsicht! Ihre Zielgruppen-Orientierung hat auch kleine Nachteile. Gerade erst schimpfte der Chefredakteur eines Börsen-Newsletters mit mir. Ich hätte von Aktien keine Ahnung. Wegen meiner blöden Fragen. Die würden zeigen, wie wenig ich von Aktien verstehe.

Mir egal! Mein Mailing schlug jetzt den Vergleich ums Dreifache. Ich meine: Lieber stelle die blöden Fragen ich v-o-r der Aussendung — bevor sie der Leser n-a-c-h der Aussendung stellt.

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